
Wolff muss Stellung nehmen – NWZ – 17.10.2018
Aufsichtsbehörde „Die Sitzung war schwierig“: Nach turbulenter Kreistagsdebatte hat das Regierungspräsidium den Landrat um eine Erklärung gebeten. Von Dirk Hülser
Die Sitzung war schwierig, aber schon noch geordnet.“ Landrat Edgar Wolff hat gestern zu den Vorwürfen Stellung genommen, das Ende der Debatte um den neuen Vertrag mit dem Betreiber des Müllheizkraftwerks sei chaotisch verlaufen. Die Kreisräte Ursula Bader (Grüne) und Christian Stähle (Linke) haben sich deshalb ans Regierungspräsidium Stuttgart (RP) gewandt, das überprüfen soll, ob der Beschluss rechtmäßig zustandekam.
Wolff bestätige gestern, dass die Aufsichtsbehörde sich gemeldet habe: „Wir sind zur Stellungnahme aufgefordert worden.“ Sonja Hettich, Pressereferentin beim RP, teilte gestern Abend mit: „Sobald uns die Stellungnahme vorliegt, wird die Beschwerde geprüft werden.“ Dem Vernehmen nach soll sich Regierungspräsident Wolfgang Reimer (Grüne) schon persönlich in Göppingen gemeldet haben, um mit mindestens einem Kritiker der Entscheidung zu sprechen.
Wolff betont, dass es bei der Abstimmung nicht um den Vertrag an sich gegangen sei. „Es ist kein Vertrag beschlossen worden.“ Er verweist auf die Sitzungsvorlage, wonach der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises beauftragt wurde, mit dem Betreiber EEW „die notwendigen vertraglichen Veränderungen“ abzuschließen. Und zwar erst, nachdem die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorliegt, die ebenfalls vom RP erteilt wird.
Am Ende der Debatte waren vom Ersten Landesbeamten Jochen Heinz mit einem Beamer zwei Änderungen im Entsorgungsvertrag auf eine Leinwand geworfen worden, anschließend bekamen die Kreisräte kurz vor der Abstimmung abfotografierte Ausdrucke der zwei Paragrafen. Es dreht sich um die Festschreibung der jährlichen Durchsatzmenge, die im Dreijahresschnitt 168 000 Tonnen nicht überschreiten darf sowie die Begrenzung des Stickoxid-Ausstoßes. Dieses Vorgehen war von Bader, Stähle und diversen anderen Kreisräten scharf kritisiert worden.
Wolff sagt dazu, er habe bereits in seiner Präsentation zu Anfang der Debatte erklärt, „dass 168 000 Tonnen im Vertrag formuliert werden sollen“. Damit habe er die Vorwürfe von Kritikern wie etwa dem Göppinger Gemeinderat aufgegriffen, die diese Absichtserklärung auch schriftlich fixiert haben wollten. „Ich wollte das auch geklärt wissen“, sagt Wolff. Ihm sei auch wichtig gewesen, dass EEW zugesagt habe, mindestens 60 Prozent der zusätzlichen Verbrennungskapazitäten seien für Gewerbekunden aus dem Landkreis.
Gestern wurde bekannt, dass EEW-Geschäftsführer Axel Köhler bereits am Freitagvormittag in einer E-Mail, die der NWZ vorliegt, geschrieben hatte: „Dieser Dreijahresdurchschnitt von 168 000 Tonnen pro Jahr soll nun auch Bestandteil des Entsorgungsvertrags werden.“ Landrat Wolff sieht darin keinen Widerspruch zu der Tatsache, dass dieser Punkt und das Thema Stickoxide erst am Abend präsentiert wurden: „Ich finde es verwerflich, wenn daraus jemand konstruiert, wir hätten tricksen wollen.“
Unterdessen hat Ursula Bader den Regierungspräsidenten auf die Geschäftsordnung des Kreistags hingewiesen. Die Abstimmung fand um 20.23 Uhr statt. In Paragraf 5 der Geschäftsordnung heißt es aber: „Sitzungsbeginn ist regelmäßig um 14 Uhr, Sitzungsende spätestens um 20 Uhr.“