
Streit um Müllgebühren
Ein Mitglied der Bürgerinitiative „Müllkonzept“ fordert wegen der „Rotteverluste“ einen Teil der Abfallgebühren zurück – das Landratsamt lehnt dies ab. Von Dirk Hülser
EEW, das Unternehmen in chinesischer Hand, das den Göppinger Müllofen betreibt, hat nach Ansicht der Bürgerinitiative (BI) „Müllkonzept Göppingen“ mit Hilfe der umstrittenen „Verdunstungsverluste“ bei der Müllmenge „ohne eine entsprechende Gegenleistung 785 760 Euro Netto-Gewinn erwirtschaftet“. Allein für die Gebührenzahler aus dem Landkreis ergebe sich ein zu viel bezahlter Betrag in Höhe von 235 000 Euro. BI-Mitglied Jörn Rasch hat deshalb bereits vor Monaten Widerspruch gegen den Abfallgebührenbescheid eingelegt und will eine anteilige Rückzahlung der Müllgebühren. Doch „Regierungspräsidium, Landrat und Abfallwirtschaftsbetrieb hüllen sich in Schweigen“, kritisiert die BI.
Was Rasch und Michael Jaumann von der BI wundert: „Verdunstungsverluste des Abfalls im Müllbunker sind über Jahrzehnte des Betriebs der Müllverbrennungsanlagen in Göppingen und im übrigen Baden-Württemberg kein Thema bei der Einhaltung von genehmigten Verbrennungsmengen gewesen.“ In der Abfallbilanz 2016 tauchte dann eine höhere verbrannte Müllmenge auf, als ursprünglich vom Regierungspräsidium (RP) genehmigt: 163 700 statt 157 680 Tonnen.
Dieser Anstieg wurde mit vier Prozent Verlusten durch Verrottung und Verdunstung begründet. Rasch und Jaumann sagen nun, diese vier Prozent seien „als völlig willkürlich zu bezeichnen, da sie im Jahr 2016 durch keinerlei Messwerte belegt wurden“. Wegen „Irritation der Öffentlichkeit“ hat das Landratsamt angekündigt, zum 1. Januar 2019 vertraglich keine Rotteverluste mehr zulassen zu wollen. Das Bundesumweltamt hatte diese Praxis bereits im vergangenen Jahr kritisiert.
Rasch und Jaumann vermuten nun, nicht die irritierte Öffentlichkeit, sondern vielmehr ein „gebührenrechtliches Problem“ habe die Verantwortlichen zur Einsicht gebracht. Die BI bezweifelt, dass die vom RP genehmigte Anrechnung der Rotteverluste einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde.
Das Landratsamt will von einer Gebührenrückzahlung indes nichts wissen: Schriftlich teilt Pressesprecherin Julia Schmalenberger mit, „dass nach dem bestehenden Entsorgungsvertrag für die Ermittlung des Entsorgungsentgelts die monatlichen Wiegedaten der Eingangsverwiegung maßgeblich seien“. Weiter heißt es: „Von einer Gebührenüberzahlung könne keine Rede sein, da mit dem Entsorgungsentgelt nicht nur die Verbrennung des Mülls abgedeckt sei, sondern der Landkreis unter anderem auch absolute Entsorgungssicherheit habe.“
Auch die EEW beruft sich auf die Eingangswaage und die dort gewogene Müllmenge. Peter Werz, der Leiter Marketing und Kommunikation des Unternehmens, schreibt in einer E-Mail: „Die für EEW und ihre Kunden vertraglich relevante und abzurechnende Abfallmenge ist das auf der geeichten Eingangswaage ermittelte Gewicht des angelieferten Abfalls. Dies ist branchenüblich und in allen Verträgen so geregelt.“
Zu Raschs Widerspruch kann Landratsamts-Sprecherin Schmalenberger nichts sagen: „Darüber hinaus kann das Landratsamt zu einzelnen gebührenrechtlichen Veranlagungsfällen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft geben.“