
Resolution des Gemeinderates zur beantragten Kapazitätsausweitung am Müllheizkraftwerk Göppingen
Der Gemeinderat der Großen Kreisstadt Göppingen, größte Kommune im Landkreis Göppingen und direkter Anlieger des Müllheizkraftwerkes Göppingen/Heiningen, bekräftigt nach dem Bürgerinformationsprozess des Landkreises und nach der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr des Landkreises vom 25.09.2018 seine strikte Ablehnung der beantragten Durchsatzerhöhung auf jährlich 180.000 Tonnen. Das würde eine Steigerung von jährlich 22.320 Tonnen bedeuten.
Dies würde zwangsläufig zu einer entsprechend höheren Schadstoffmenge führen und wäre mit entsprechend mehr Verkehr verbunden. Diese bereits im Juli 2017 geäußerten Befürchtungen sehen wir durch den Bürgerinformationsprozess ausdrücklich bestätigt. Zu dieser hohen Schadstoff-Mehrbelastung und zu der deutlich höheren Verkehrsbelastung für Göppingen, vor allem für Holzheim und das Bodenfeld, sagen wir kategorisch Nein.
Wir verweisen auf die Kreistagsvorlage (Seite 13, 3. Absatz), der zu Folge ausdrücklich 180.000 Tonnen pro Jahr genehmigt werden sollen. Alle mündlichen Beteuerungen, es seien „nur“ geringere Mengen vorgesehen, sind rechtlich völlig unverbindlich und daher unbeachtlich. Der Prozess des Betreiber-Unternehmen EEW gegen den Landkreis beziehungsweise dessen Abfallwirtschaftsbetrieb trotz eindeutigem Vertragswortlaut und Vertragszweck zeugt von keiner guten oder gar vertrauensvollen Partnerschaft, sondern vom Versuch, den Vertrag bis aufs Letzte aus zu mosten. Deshalb lehnen wir die vertragliche Mengenerhöhung auf ausdrücklich „jährlich 180.000 Tonnen“ ab und schenken Beteuerungen außerhalb des Vertrags keinen Glauben.
Wir lehnen den vorzeitigen Verzicht auf das Kündigungsrecht Ende 2021 ab. Es gibt für uns keinen sachlich nachvollziehbaren Grund, warum der Landkreis drei Jahre im Voraus entscheiden soll, nicht mit Wirkung zum Jahresende 2025 zu kündigen. Die bereits gesicherte Vertragslaufzeit von sieben Jahren vorzeitig zu verlängern kann nur im wirtschaftlichen Interesse der EEW liegen, möglichst lange jährlich 180.000 Tonnen Müll zu verbrennen.
Wir fordern den Landkreis vielmehr auf, unverzüglich in die Prüfung einzusteigen, wie das Müllheizkraftwerk re-kommunalisiert werden kann. Wir sehen unsere Stadtwerke in der Lage, gemeinsam mit dem Landkreis – und ggf. mit weiteren Städten des Landkreises Göppingen in Form eines kommunalen Zweckverbandes – das Müllheizkraftwerk zu betreiben. Dies sorgfältig rechtlich und wirtschaftlich zu prüfen ist lange vor Ende 2021 möglich. Angesichts der vom Landkreis anvisierten Einführung eines neuen Sammel- und Gebührenkonzeptes im Februar 2019 plädieren wir für eine nachhaltige und zusammenhängende Politik aus einem Guss.
Wir können in der Durchsatzmengenerhöhung um jährlich 22.320 Tonnen auf 180.000 Tonnen jährlich keinen Vorteil für die Landkreis-Bevölkerung erkennen:
- Der Verzicht auf die Anrechnung von „Rotte- und Feuchtigkeitsverluste“ ist eine vertragliche Selbstverständlichkeit.
- Technische Untersuchungen zur NOx-Reduzierung sind als Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung ebenfalls eine Selbstverständlichkeit.
- Die Finanzierung der Maßnahmen durch die EEW bei „wirtschaftlicher Vertretbarkeit“ ist eine völlig unbestimmte Formulierung und für unsere Bevölkerung daher ohne jeglichen Wert.
- Die Beilegung des Rechtstreits zwischen EEW und AWB mit einem 70 zu 30 Prozent-Vergleich stellt den Landkreis deutlich schlechter als der Vergleichsvorschlag des Gerichts.
- Mehr Kapazitäten für den regionalen Gewerbemüll werden durch konsequente Mülltrennung und Wertstoffsammlungen nachhaltig und ohne schädliche Nebenwirkungen frei. Im Übrigen wären Kapazitäten bei richtiger Prioritätensetzung durch die Betreiberfirm EEW durchaus vorhanden.
- Die sehr vage Gebührenersparnis von „bis zu“ 1,1 Millionen Euro pro Jahr ist, umgelegt auf alle Gebührenzahler, kaum spürbar.
Es geht um den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor noch mehr Schadstoffen und noch mehr Verkehr; und es geht um das Vertrauen der Bevölkerung in die Kommunalpolitik. Deshalb lehnen wir die Vertragsänderung strikt ab!
Ohne Gegenstimme beschlossen in öffentlicher Sitzung des Göppinger Gemeinderates am 27.09.2018
gez. Guido Till
Oberbürgermeister“