
Presse-Mitteilung der BI Muellkonzept Goeppingen vom Donnerstag den 9.8.2018
Vorbemerkung zur Problematik
Wichtig an dieser ganzen Problematik ist, dass nach rechtlichen Vorgaben des Landes BaWü, Bundesrecht und EU-Recht, das Landratsamt bzw der Abfallwirtschaftsbetrieb gehalten sind zum Ende eines jeden Kalenderjahres Bilanz zu ziehen. Wenn dann, z.B. vier Prozent Verdunstung des Mülls von der Behörde – auf Vorschlag des Betreibers EEW – in die Kalkulation der Verbrennungspreise bzw der Müllmengenberechnungen eingeführt werden, dann müssten diese vier Prozent auch den Verbrennungspreis entsprechend reduzieren. Das gilt für die Bürger die via AWB den Hausmüll anliefern, aber auch für die z.B. Gewerbemüll selbst anliefernden Handwerker und Firmen.
Diesen Sachverhalt nicht beachtet zu haben muss man der Aufsichtsbehörde RP Stuttgart ebenso ankreiden wie dem Landrat Edgar Wolff als dem Verantwortlichen für die Landkreisverwaltung Göppingen. Das der Betreiber diesen Millionengewinn stillschweigend einsteckt und sich freut, ist schon fast verständlich. Verbessert dies doch die Rendite der MVA GP.
Es wird nun versucht, das Ganze zu „bagatellisieren“, da mindestens einer der gegen den Abfallgebührenbescheid 2018 Widerspruch führenden Bürger dieses Thema aufgegriffen hat und zugleich den Antrag auf Rückvergütung gestellt hat (vor Monaten !!). Dieser ausstehende Bescheid kann vor Gericht gebracht werden. Diese Versäumnisse von AWB und RP Stuttgart zeigen, dass beide ihre zentralen behördlichen Pflichten wie die Gemeinwohlverpflichtung, gravierend vernachlässigen bzw zu Gunsten einer Firma vernachlässigt haben. Die rechtlichen Vorgaben hierzu sind – so einer unser Rechtsberater – eindeutig und klar.
Dr.M.P. Jaumann
Presse-Mitteilung der BI Muellkonzept Goeppingen vom Donnerstag den 9.8.2018
Gebührengewinne durch angebliche Verdunstung – zum Schaden der Bürger
- Das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) löst durch industriefreundliches Handeln einen Gebühren-Skandal aus.
- Der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises Göppingen und der Betreiber EEW der Müllverbrennungsanlage (MVA) schweigen, obwohl seit Monaten ein schriftlicher Widerspruch eines Bürgers auf dem Tisch des AWB liegt.
- Wer fordert die unrechtmäßig vom Betreiber EEW einkassierten Gebühren zurück?
- Nicht dubiose „Irritationen der Öffentlichkeit“ zwingen Behörden und Betreiber zum Rückzug, sondern die Tatsache, dass die angeblichen Verdunstungsverluste weder technisch noch gebührenrechtlich praktikabel sind.
- Die Eingangswägung bei Anlieferung der Abfälle muss die eindeutige Bestimmungsgröße für die Verbrennungsmenge sein und bleiben.
Seit die BI Müllkonzept Göppingen erstmalig im August 2017 die illegale Überschreitung der genehmigten Verbrennungsmenge für das Jahr 2016 durch den MVA- Betreiber EEW ans Licht der Öffentlichkeit brachte, versucht das Regierungspräsidium in Stuttgart (RPS), das Landratsamt Göppingen und der Betreiber EEW die Bürger des Landkreises von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns zu überzeugen.
Als die BI, die in der Abfallbilanz von B.-W. für das Jahr 2016 genannte Durchsatzmenge der MVA Göppingen in Höhe von 163.700 Tonnen, beim RPS beanstandet, erhält die BI vom Verantwortlichen (Herrn Braunmiller) im RPS zur Antwort, wenn man von der genannten Menge 4 Prozent Verdunstungsverluste in Abzug bringe, dann erhielte man eine Durchsatzmenge, die unterhalb der Genehmigungsmenge von 157.680 t liege.
Verdunstungsverluste des Abfalls im Müllbunker sind über Jahrzehnte des Betriebs der MVAs in Göppingen und im übrigen Baden-Württemberg kein Thema bei der Einhaltung von genehmigten Verbrennungsmengen gewesen. Auch finden sie in der ursprünglichen Genehmigung für die Göppinger Anlage keine Erwähnung und sind auch als völlig willkürlich zu bezeichnen, da sie im Jahr 2016 durch keinerlei Messwerte belegt wurden.
Dieser Problematik scheinen sich die Verantwortlichen von Behörden und Betreiber inzwischen bewusst geworden zu sein. Denn anlässlich der Einführungsveranstaltung (BIP) am 22.02.2018 wurde der fragliche Umgang mit den Verdunstungsverlusten von Bürgern erneut aufgegriffen. Ein Rechtsbeistand (Anwalt) des Betreibers EEW erklärte nunmehr, es würde die angelieferte Müllmenge über die Eingangswaage erfasst und eine weitere Wägung erfolge über die Kranwaage kurz vor der Verbrennung. Aus der Differenz beider Wiegeprozesse ergäben sich die Verdunstungsverluste. Diese Aussage sollte offensichtlich die berechtigte Kritik der Öffentlichkeit entkräften, wurde aber vom Betreiber EEW bzw vom Geschäftsführer Morten Holpert selbst mit dem Hinweis konterkariert, die Kranwaage würde die Gewichte nur mit einem Fehler von 5 bis 6 Prozent erfassen. Wie also will man damit z.B. 4 % Verdunstungsverluste erfassen?
Aus der Abfallbilanz Baden-Württemberg für das Jahr 2017geht hervor, dass in der MVA Göppingen nur 154.370 Tonnen verbrannt wurden. Ist das nun die Menge nach Abzug von X-Prozent Verdunstungsverlusten oder hat der Betreiber EEW doch wieder die Werte der Eingangswaage aufgeführt ? Mit zuverlässiger Bürgerinformation haben solche Unsicherheiten wenig zu tun. Dieses fragwürdige Bestreben des Betreibers nach Gewinnmaximierung hat noch eine zweite Seite: Im Eifer, dem Anliegen des Betreibers zur Ausweitung der Durchsatzmenge den Mantel der Rechtmäßigkeit umzuhängen, hat das RPS und mit ihm der Landrat sowie der Abfallwirtschaftsbetrieb(AWB) die gebührenrechtlichen Konsequenzen ihres Handelns nicht bedacht. Denn alle Anlieferer zusammen genommen haben im Jahre laut Abfallbilanz 163.700 t Abfall über die Eingangswaage angeliefert und bei einem durchschnittlich angenommenen Verbrennungspreis von 120 €/t eine Summe von 19.644.000.– € an den Betreiber entrichtet. Der aber hat nach Abzug von 4 % Verdunstungsverlusten tatsächlich nur 157.152 Tonnen verbrannt und damit ohne eine entsprechende Gegenleistung 785.760 € Netto-Gewinn erwirtschaftet. Im Falle des Müllgebührenzahlers des Landkreises beträgt der zuviel gezahlte Betrag bei einem Entsorgungspreis von 180.-€/t und einer angelieferten Abfallmenge von 51.688 Tonnen für das Jahr 2016 wenigstens 235.00.-€.
Wer fordert diese vom Betreiber zu unrecht eingenommenen Summen zurück? RPS, Landrat und AWB hüllen sich in Schweigen. Dies obwohl seit mehreren Monaten eine Beschwerde eines Mitgliedes der BI gegen diese Missstände auf dem Tisch des AWB liegt. Verbunden ist diese mit dem Antrag auf eine anteilige Rückzahlung der Müllgebühren. Könnte das Schweigen des AWB, trotz Erinnerung, Hinweis auf Ratlosigkeit sein oder auf ein Schuldeingeständnis?
Die vermeintliche „Irritation der Öffentlichkeit“ entpuppt sich somit vielmehr als gebührenrechtliches Problem und hat die Verantwortlichen zur Einsicht gebracht, die weder technisch noch gebührenrechtlich praktikablen Verdunstungsverluste fallen zu lassen und die Eingangswiegung wieder als eindeutige Messgröße zur Bestimmung genehmigter Durchsatzmengen anzuerkennen.
In Anbetracht der Zwangslage des RPS, die Überschreitung der genehmigten Durchsatzmenge durch den Betreiber auf Biegen und Brechen für rechtens zu erklären, liegt natürlich die gewählte Interpretation des Textes der oben genannten nachträglichen Anordnung nahe, ob sie einer gerichtlichen Überprüfung Stand hält, wird von der BI bezweifelt.
Auf jeden Fall muss das RPS im Falle, dass zwischen Landkreis und Betreiber ein Entsorgungsvertrag zu Stande kommt, der die Durchsatzmenge allein über die Eingangswaage definiert, die nachträgliche Anordnung von 2014 entsprechend eindeutig dem Vertrag anpassen. Geschieht das nicht, werden über die Hintertür weitere Durchsatzerhöhungen über die geplanten 180.000 t/a möglich sein, wie dies im vorliegendem Fall im Jahre 2016 mit Hilfe des RPS geschehen ist.
für die BI Müllkonzept Göppingen: Jörn-Gerhard Rasch, Dipl. Ing. Herdweg 34, 73035 Göppingen Telefon 07161-49074 und Dr. Michel P. Jaumann Göppingen
Möglicher Einschub (Kasten) „Einblick in die Akten:“
Ausgangspunkt der geschilderten Problematik ist die vom RPS mit Datum vom 10.04.2014 erlassene nachträgliche Anordnung, in der es unter „B Nebenbestimmungen“ heißt:
„1. In der Verbrennungsanlage dürfen je Kalenderjahr höchsten 157.680 Mg Abfälle verbrannt werden. Die im Kalenderjahr verbrannte Abfallmenge ist im Jahresbericht nach Ziffer 42 anzugeben.“
Aus diesem Text leitet das RPS in seinem Schreiben vom 29.09.2017 in sehr eigenwilliger Weise ab, dass es sich hierbei um die tatsächlich verbrannte Müllmenge handeln muss, die eine vorangehende Berücksichtigung der Verdunstungsverluste erlaubt.
In der ursprünglichen Plan festgestellten Genehmigung der MVA von 1995 heißt es unter 3.1 auf Seite 3: „Die zulässige Mülldurchsatzleistung beträgt 157.680 t/a“
Was anderes als die verbrannte Müllmenge ist hierunter zu verstehen und die genehmigte Menge wurde selbstverständlich nur über die Eingangswaage bestimmt (so auch die Sicht des Umweltbundesamtes, UBA) Diese Regelung galt ohne nähere Erläuterung über 30 Jahre bis ins Jahr 2016. Dann kam der neue chinesische Eigentümer des Betreibers EEW.