
Müllofen: Viele Fragen an den Landrat (NWZ)
OB Guido Till will in 28 Punkten Aufklärung über die geplante Ausweitung der Verbrennungskapazität des Göppinger Müllofens. Er bezweifelt den zusätzlichen Bedarf.
Der Göppinger Gemeinderat und Oberbürgermeister Guido Till wollen verhindern, dass künftig mehr Abfall im Müllofen verbrannt wird. Dazu wurde bereits einstimmig eine Resolution verabschiedet. Till hat nun einen umfangreichen Fragenkatalog an Landrat Edgar Wolff geschickt – auf dreieinhalb DINA4-Seiten stellt der Rathauschef 28 Fragen. Wolff wollte die Genehmigung der zusätzlichen Kapazitäten noch kurz vor der Sommerpause vom Kreistag absegnen lassen, nach Protesten aus Reihen des Gremiums und von der Öffentlichkeit soll nun aber erst im Oktober entschieden werden.
Zuvor soll der Landrat aber die Fragen aus dem Göppinger Rathaus beantworten. Zu einigen Punkten nahmen am Mittwoch bereits die Chefs des Müllheizkraftwerks Stellung. Die Betreiberfirma EEW befindet sich seit vergangenem Jahr in chinesischer Hand.
In vier Fragen möchte Till wissen, wieso es überhaupt einen Bedarf an zusätzlichen Verbrennungskapazitäten gibt. So sinke das Haus- und Sperrmüllaufkommen in Baden-Württemberg und im Landkreis seit Jahren. Auch würden ab 2019 wegen der „erweiterten Getrenntsammelpflicht“ weniger Gewerbeabfälle erwartet.
Till zitiert auch das Handelsblatt. Demnach setze der chinesische Besitzer Beijing Enterprises auf den Müll-Import nach Deutschland. Der OB will wissen, ob hier ein Zusammenhang mit der geplanten Ausweitung der Kapazitäten besteht. Unterdessen erklärte am Mittwoch EEW-Geschäftsführer Axel Köhler unmissverständlich: „Alles, was wir verbrennen, kommt aus Baden-Württemberg.“
Künftig will der Betreiber EEW eine Revision der Anlage nicht mehr einmal im Jahr, sondern nur noch alle 18 Monate vornehmen. So sollen mehr Kapazitäten für die Verbrennung geschaffen werden, eine Überholung der Anlage dauert jeweils drei bis vier Wochen. „Wie beeinflusst der bewusste Verzicht auf die Hälfte der Inspektions- und Wartungszeiten die Betriebssicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund des Alters der Anlage von rund 20 Jahren?“, will Till nun vom Landrat wissen. Und weiter: „Warum waren bisher die doppelten Inspektions- und Wartungszeiten notwendig?“
Till wundert sich auch, warum die Angaben über die verbrannten Müllmengen unterschiedlich sind: „Wieso wird in der offiziellen Abfallbilanz 2016 des Landes Baden-Württemberg die Durchsatzmenge des Müllheizkraftwerks Göppingen für 2016 mit 163.700 Tonnen angegeben, während die Grenze bei 157.680 Tonnen liegt?“ Auch auf diese Frage hatte Köhler am Mittwoch eine Antwort: Der Unterschied resultiere aus den sogenannten „Rotteverlusten“, die durch Verdunstung und Verrottung des angelieferten Mülls zustandekämen. Hierbei entstehe ein Gewichtsverlust von drei bis fünf Prozent.
Wieviel Schadstoffe der Müllofen real ausstoße, will Till ebenso wissen, wie die Auswirkungen der Schadstoffe auf Böden und Gewässer in einem Umkreis von fünf Kilometern. „Gibt es entsprechende, eventuell langjährige Boden- und Wasseruntersuchungen?“, fragt er. „Wenn nein, warum nicht?“ Köhler sagt, die EEW habe nun den Tüv Süd damit beauftragt, ein Gutachten zur Schadstoffbelastung des Bodens zu erstellen.
Schließlich verlangt der Rathauschef Informationen über den Zusammenhang von Unternehmensgewinn und Kapazitätsausweitung. „Wie ist die Notwendigkeit der Kapazitäts-Ausweitung mit Blick auf die im Handelsblatt und Wirtschaftswoche genannten Zahlen (Umsatz EEW: mehr als 500 Millionen Euro; Gewinn EEW: gut 190 Millionen Euro) zu beurteilen?“ Zum Unternehmensgewinn machte Köhler am Mittwoch keine Angaben, räumte aber ein: „Es ist unsere Aufgabe als Wirtschaftsunternehmen, möglichst großen Profit zu machen. Unsere Kapitalrendite ist auskömmlich, da machen wir auch kein Hehl daraus, wir verdienen gutes Geld.“