
Müllofen treibt die Bürger um – NWZ – 29.12.2018
Abfallpolitik: Das Müllheizkraftwerk beschäftigte den Kreistag und die Bevölkerung das ganze Jahr über. Die Rekommunalisierung der Anlage wird geprüft. Von Dirk Hülser
Eines der bestimmenden Themen der Kreispolitik war in diesem Jahr – erneut – das Müllheizkraftwerk. 2017 war die Abstimmung über einen neuen Vertrag mit dem Betreiber EEW und die damit verbundene Erhöhung der zu verbrennenden Abfallmenge nach Protesten verschoben worden, die Kreisverwaltung leitete einen Bürgerinformationsprozess ein. Den Auftakt machte am 22. Februar ein dreieinhalbstündiger Infoabend im Sparkassenforum, zu dem rund 200 Zuhörer kamen.
Im Anschluss begann die Arbeit von drei Arbeitsgruppen, die aus etwa 30 Bürgern und Vertretern der Verwaltung bestanden. Anfang August gab das Landratsamt bekannt, dass mit der umstrittenen Praxis der „Rotteverluste“ ab 1. Januar 2019 Schluss sein soll: EEW verbrennt mit der Begründung, dass ein Teil verrotte und verdunste, rund vier Prozent mehr Müll als eigentlich genehmigt.
Ende August brachten die Freien Wähler Göppingen (FWG) die Rekommunalisierung des Meilers ins Gespräch und schlugen als Betreiber die Energieversorgung Filstal (EVF) vor. Ein Vorschlag, der immer mehr Anhänger fand – und letztlich auch Eingang in den Beschluss des Kreistags.
In einer im Rückblick schon als historisch einzustufenden Sitzung am 12. Oktober beschloss das Gremium im Ausweichsitzungssaal auf Schloss Filseck die umstrittene Vertragsverlängerung mit 29 Ja-Stimmen bei 56 anwesenden Kreisräten – mit dem ausdrücklichen Hinweis, bis zum Jahr 2024 einen Vorschlag zur Vertragskündigung inklusive Rekommunalisierung vorzulegen. Bis zu diesem Jahr kann der Vertrag vorzeitig gekündigt werden.
Zuvor hatten am Mittag auf dem Göppinger Marktplatz 800 Bürger gegen die Vertragsverlängerung und die Durchsatzerhöhung demonstriert. Nach der Sitzung beruhigte sich die Lage nicht: Mehrere Kreisräte kündigten wegen des ihrer Meinung nach chaotischen Sitzungsablaufs Klagen an, auch Vorwürfe der Befangenheit wurden laut. Der Müllofen wird wohl auch 2019 eines der großen Themen der Kreispolitik bleiben.