
Mehr als 50 Tonnen Gas pro Jahr – NWZ…
Schadstoffe Künftig soll das Müllheizkraftwerk im Tagesdurchschnitt weniger Stickoxide ausstoßen. Was verbirgt sich hinter den schädlichen Gasen und welche Grenzwerte gelten? Von Dirk Hülser
Zwei Punkte waren es, die am Ende der Kreistagssitzung am vergangenen Freitag für Verwirrung und Aufregung sorgten, weil sie kurzfristig in den Vertragsentwurf mit dem Betreiber des Müllheizkraftwerks, EEW, eingearbeitet worden waren: Festgeschrieben werden soll demnach in Summe von drei Jahren ein durchschnittlicher Durchsatz der Anlage von 168 000 Tonnen sowie eine Begrenzung des Tagesmittelwerts für Stickoxide (NOx). Das turbulente Sitzungsende wird derzeit von der Kommunalaufsicht des Regierungspräsidiums Stuttgart untersucht. In der Öffentlichkeit wurde die Durchsatzmenge lange und ausführlich diskutiert – doch was hat es mit den Stickoxiden auf sich?
Sammelbegriff Stickstoffoxid oder Stickoxid (NOx) ist ein Sammelbegriff für Gase, die aus Stickstoff (N) und Sauerstoff (O) bestehen. In der Diskussion um Schadstoffe geht es in der Regel um die beiden Vertreter Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2), aber auch Lachgas (N2O) gehört in diese Gruppe. Stickoxide sind schädlich, tragen zur Feinstaub- und im Sommer zur Ozonbildung bei, vor allem NO2 reizt beim Menschen Schleimhäute, ist verantwortlich für Herz-Kreislauferkrankungen und schädigt die Lunge.
Entstehung Stickoxide entstehen bei Verbrennungsprozessen. Das Umweltbundesamt (UBA) nennt folgende Hauptquellen von NOx: Verbrennungsmotoren (Benzin und Diesel) und Feuerungsanlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz und Abfälle. In Ballungsgebieten ist laut UBA der Straßenverkehr die bedeutendste NOx-Quelle. Die Gase entstehen aber auch durch Blitze, Zigaretten oder Kerzen. Eine erhebliche Emissionsquelle ist auch die Landwirtschaft mit ihren Stickstoffdüngern.
Grenzwerte Es kursieren die unterschiedlichsten Grenzwerte für Stickoxide. Am bekanntesten sind wegen der Diesel-Diskussion jene 40 Mikrogramm (millionstel Gramm) NO2 pro Kubikmeter Luft, die im Jahresmittel in der Außenluft eingehalten werden müssen. Dieser Grenzwert gilt EU-weit seit 1. Januar 2010. Im Mittel einer Stunde dürfen an Messstellen 200 Mikrogramm maximal 18 Mal pro Jahr überschritten werden. Für Arbeitsplätze sind maximal 950 Mikrogramm erlaubt. Das UBA erklärt die Diskrepanz: „Ein Arbeitsplatzgrenzwert ist ein Wert für die zeitlich begrenzte Belastung gesunder Arbeitender, während durch NO2 in der Außenluft auch empfindliche Personen rund um die Uhr betroffen sein können.“
Müllofen Ganz andere Grenzwerte gelten für das Göppinger und alle anderen Müllheizkraftwerke (MHKW). Hier dreht es sich um Milligramm (mg), also tausendstel Gramm statt millionstel. Gesetzlich erlaubt sind im Tagesmittel 150 mg pro Kubikmeter Abluft, im Jahresmittel 100 mg. Im geänderten Versorgungsvertrag mit EEW soll nun festgelegt werden, dass statt dem bislang genehmigten Tagesmittelwert von 70 mg künftig 65 mg nicht überschritten werden. Wieviel das MHKW bislang im Tagesmittel ausstieß, lässt sich nur bedingt nachvollziehen. In den veröffentlichten Messwerten steht lediglich, dass der Grenzwert vom 70 mg in den Jahren 2015 und 2017 zu 100 Prozent eingehalten wurde, 2016 zu 99,7 Prozent. Das Jahresmittel lag zwischen 62 und 64 mg, also bereits unter den nun fürs Tagesmittel beschlossenen 65 mg. Jedoch lassen sich beide Mittelwerte nur bedingt miteinander vergleichen.
Menge Was bedeutet das nun in absoluten Zahlen? Zwischen 54,9 und 58 Tonnen NOx jährlich hat das MHKW in den Jahren 2015 bis 2017 ausgestoßen. Ausgehend von den laut Abfallbilanz im Jahr 2017 verbrannten 154 370 Tonnen entspräche eine Steigerung auf 168 000 Tonnen einem Plus an NOx in Höhe von 4,7 Tonnen.