
Kreisräte hören Mitschnitt an – NWZ – 22.11.2018
Müllofen: Nach der umstrittenen Sitzung vom Oktober lassen die Kritiker nicht locker. Auch die Bürgerinitiative hat Fragen und fordert eine Sondersitzung des Kreistags. Von Dirk Hülser
Vier Kreisräte haben sich an Landrat Edgar Wolff gewandt – mit einer ungewöhnlichen Bitte: Sie wollen sich die Tonaufnahme der umstrittenen Kreistagssitzung vom 12. Oktober auf Schloss Filseck anhören. An jenem Abend hat der Kreistag beschlossen, den Vertrag mit dem Betreiber des Müllheizkraftwerks, EEW, zu verlängern und ihm einen höheren Mülldurchsatz zuzugestehen.
Über den Ablauf der vierstündigen Debatte gehen die Meinungen auseinander. Während aus Sicht des Landrats alles in Ordnung war, glauben einige Kreisräte, es sei chaotisch zugegangen. Die Akustik war schlecht, es gab Verwunderung über einige Abläufe. Der Staufer-Saal auf Filseck war als Ersatz-Sitzungsort ausgesucht worden, weil der Saal im Landratsamt derzeit neu gebaut wird. Das Regierungspräsidium (RP) hatte nach einer Beschwerde von Kreisräten eine Stellungnahme von Wolff angefordert, er ließ der Aufsichtsbehörde daraufhin auch einen Audiomitschnitt der Diskussion zukommen. Das RP hat mittlerweile mitgeteilt, dass der Ablauf der Sitzung aus seiner Sicht in Ordnung war.
Die Tonaufnahme wollen die Kreisräte nun anhören. Die Mail wurde von Christian Stähle (Linke) versandt, auch im Auftrag von Ursula Bader und Barbara Schrade (beide Grüne) sowie Felix Gerber (CDU). Landrat Wolff hat der Bitte entsprochen, am Donnerstag kommender Woche können sich die Lokalpolitiker die Aufzeichnungen anhören. Dies hat das Landratsamt bestätigt.
Unterdessen hat sich erstmals auch die Bürgerinitiative (BI) „Müllkonzept Göppingen“ zum Ablauf der Sitzung im Oktober geäußert. „Landrat Wolff: ‚Wer nicht hinsitzt, bekommt keine Tischvorlage …’ “ ist die Pressemitteilung der BI-Sprecher Michael Jaumann und Jörn Rasch überschrieben. Sie kritisieren, dass es zu Beginn der Sitzung für zwei Kreisräte weder Sitzplätze noch Beratungsunterlagen gegeben habe. Wolff habe sich zwar für diesen Fehler entschuldigt, doch die BI meint: „Kein guter Start der Sitzung.“
Nach einer Sitzungspause habe Wolff dann gesagt, nur Kreisräte, die an ihrem Platz säßen, bekämen die ergänzenden Sitzungsunterlagen zur Vertragsverlängerung. „Dies mit dem Ergebnis, dass mehrere Kreisräte der Reihen 9 und 10 keine Tischvorlage erhielten.“ Dann habe der Landrat noch über das Mikro gefragt, ob jetzt alle Kreisräte eine Tischvorlage hätten, heißt es in der Pressemitteilung der BI. Und weiter: „Dies wurde aus den beiden Reihen nicht bestätigt. Trotz lautstarkem Protest sei der Landrat in der Sitzung fortgefahren und tat so, als ob er das nicht gehört habe.“
Jaumann und Rasch haben nun zwei Fragen: Bereits am Vortag habe Wolff von den Zugeständnissen des Betreibers EEW gewusst. „Warum wurde dann in den 30 Stunden bis zum Beginn der Sitzung des Kreistags keine ordentliche Tischvorlage für jeden der Kreisräte angefertigt?“ Außerdem habe EEW-Geschäftsführer Bernard Kemper zugesagt, dass kein Müll aus dem Ausland verbrannt werde.
Die BI fragt: „Warum finden sich die Zusagen bezüglich des Auslandsmülls nicht in der Tischvorlage für den Kreistag? Sollte Herr Kemper seine Zusage, keinen importierten Müll und keinen Müll aus dem Ausland in der MVA Göppingen zu verbrennen, klammheimlich zurückgezogen haben?“
Jaumann und Rasch fordern: „Aufgrund der aktuellen Ereignisse trauen wir der Landkreisverwaltung nicht zu, den Vertragstext allein und korrekt zu verhandeln. Nicht zuletzt die juristischen Streitigkeiten der letzten Jahre zeigen, was schlecht formulierte Verträge für finanzielle Nachteile für den Landkreis und seine Bürger haben. Deshalb muss der Kreistag in einer Sondersitzung über den endgültigen Vertragstext entscheiden.“