
Es ist nicht unser Müll, aber wir sollen ihn…
Zu „Mehrheit für Vertrag steht“ vom 26. September:
Wenn kein Wunder geschieht, wird der Kreistag dem „Müll-Deal“ am 12. Oktober mehrheitlich zustimmen. Die EEW (im Eigentum der Stadtregierung von Peking) kann nach diesem Deal jährlich 22 000 Tonnen mehr Müll in Göppingen verbrennen – fremden Müll. Wir Göppinger produzieren „nur“ zirka 48 000 Tonnen pro Jahr, im MHKW werden aber jetzt schon 158 000 Tonnen – zukünftig dann 180 000 Tonnen – verbrannt. Andere Landkreise, zum Beispiel Heilbronn, entsorgen ihren Müll in der Göppinger Luft. Das Verrückte daran: Die anderen zahlen auch noch viel weniger für die Entsorgung, Heilbronn wohl zirka 120 Euro pro Tonne, wir Göppinger aber zirka 190 Euro pro Tonne. Daran ändert auch der neue Vertrag nichts. Die Kreisverwaltung gibt selbst zu, dass wir auch künftig mehr zahlen müssen als andere – nur halt etwas weniger als bisher, dafür mit längerer Laufzeit. Es ist unsere Luft, es ist zum Großteil nicht unser Müll und wir sollen das Ganze über unsere Müllgebühren bezahlen?
Der sehr schlechte Vertrag soll finanziell ein klein wenig erträglicher gemacht, dafür aber die Laufzeit des – immer noch überteuerten – Vertrags verlängert und dazu nochmals 22 000 Müll importiert werden?
Am Rande bemerkt: Der Vertrag soll übrigens auch in Zukunft weiterhin eine „bring-or-pay“-Klausel enthalten, nach der wir Göppinger eine Mindestmenge an Müll liefern oder diese trotzdem bezahlen müssen. Der Bundesgerichtshof entschied über eine solche Klausel in AGB im Jahr 2012: „Die Klausel stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist daher unwirksam.“ Noch absurder wird das Ganze, weil die EVF als kommunales Unternehmen bereit gestanden hätte. Die EVF hat bei der Vergabe des Stromnetzes gezeigt, dass sie Ausschreibungen gewinnen kann. Und was soll bei einer öffentlichen Ausschreibung drohen? Ein chinesischer Investor?
Die Gemeinde- und Stadträte anliegender Gemeinden, deren (Ober-)Bürgermeister und tausende Bürger mittels einer Unterschriftenliste haben sich gegen den „Müll-Deal“ positioniert. Die Presse hat sehr kritisch berichtet, NWZ-Redaktionsleiter Helge Thiele hat etwa von „zunehmenden Irritationen“ gesprochen.
Der Kreistag soll – und wird vermutlich auch – dem „Deal“ auf Vorschlag der Kreisverwaltung mehrheitlich trotzdem zustimmen. Warum nochmal?
⇥Dr. Johannes Bader, ⇥Göppingen