
Erklärung der BI Müllkonzept – Göppingen
Die Argumente und der Verlauf der Diskussionen am Bürgerinformations-Abend am 22.2.18 hat klar gezeigt, daß seitens der Kreisverwaltung und dem Landratsamt alles versucht wird die MVA als unproblematisch erscheinen zu lassen und die Erhöhung auf 180.000 to/a als „irrelevant“ für die in der Umgebung wohnenden Bürger darzustellen. Es werden falsche Schlussfolgerungen der Gutachter präsentiert, das Gesundheitsamt macht keine Untersuchungen weil es „keinen Auftrag gebe“ und der Landrat sich hierzu in Schweigen hüllt. Wir haben alles auf dem INFO-Blatt ausgeführt und begründet. Daraus ergibt sich, dass wir keinen Sinn darin sehen uns an den Diskussionen zu beteiligen (an denen die Kreisräte – die eigentlichen Entscheider und Verantwortlichen – allenfalls in geringer Zahl teilnehmen werden).
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Wieder einmal steht die Müllverbrennungsanlage (MVA) Göppingen im Mittelpunkt der Diskussion über die Abfallwirtschaftspolitik im Landkreis. Seit Jahrzehnten verleitet die Existenz dieser Anlage die Landkreisverwaltung und die verantwortlichen Politiker sich mit einem miserablen Abfallkonzept zufrieden zu geben. Einer der hintersten Plätze in der Abfall-Bilanz B.-W. spricht für sich.
Mit der Planfeststellung der heutigen Anlage im Jahre 1995 konnte der Politik nicht zuletzt Dank der Bürgeraktion „Das bessere Müllkonzept“ das Zugeständnis abgerungen werden, die Verbrennungsmenge auf 120.000 Tonnen pro Jahr zu begrenzen. Damit wurde den umliegenden Gemeinden und ihrer Bevölkerung eine Entlastung von den vorangegangenen extremen Schadstoff-Belastungen (Emissionen der MVA) verschafft.
Die Privatisierung der Anlage, einhergehend mit schlecht ausgehandelten Verträgen und fehlender Weitsicht, haben den Landkreis dann immer wieder zu Zugeständnissen gegenüber den jeweiligen Betreibern der MVA bezüglich der Durchsatzmenge gezwungen. Erst waren 140.000 t/a dann 157.600 t/a und jetzt sollen es nach dem Willen der Landkreisverwaltung und des Betreibers EEW 180.000 t/a sein. Eine Menge für die die Anlage nicht ausgelegt wurde und wodurch die Anlage eindeutig auf Verschleiß gefahren wird – ein Trend, der nach Aussage von Fachleuten, um sich greift. Die dann um 50 % gegenüber 1995 angehobene Menge geht mit ihren zusätzlichen Emissionen wieder einmal zu Lasten der Bevölkerung und der Umwelt.
Da helfen auch keine Beschwörungen, die Grenzwerte würden eingehalten, letztendlich sind Schadstoffe schädlich und mehr Schadstoffe sind schädlicher, schwächen den Menschen, rufen Krankheiten hervor und belasten die Umwelt. Davon ist aber in allen uns bisher bekannt gewordenen Unterlagen zum Vertragsabschluss nicht ein Wort zu finden.
Nach dem gescheiterten Versuch des Landrats, die Vertragsverhandlungen heimlich, still und leise an der Öffentlichkeit vorbei zum Abschluss zu bringen und vernehmlicher Kritik an der geplanten Erhöhung der Verbrennungsmenge aus der Bevölkerung und kommunalen Gremien, soll nun plötzlich die Öffentlichkeit durch einen Informationsprozess mit ergebnisoffener Mitsprache einbezogen werden.
Wir meinen, dieser Schritt kommt nicht aus innerer Überzeugung und kommt viel zu spät. Dieser Schritt hätte am Anfang der Vertragsverhandlungen stehen müssen. Dann hätte man von einer echten Beteiligung und Einflussnahme ausgehen können. So aber wird der Öffentlichkeit ein unterschriftsreifes Vertragspaket präsentiert, das die Vertragspartner nicht aufzuschnüren bereit sein werden.
Wir fordern – um es kurz zu umreißen –
• keine Erhöhung der Durchsatzmenge
• deutliche Reduzierung der Restmüllmenge durch ein effektives Abfallkonzept mit Bio-Tonne, umfassender Wertstofferfassung, starken Anreizen zur Abfallvermeidung.
• dadurch frei werdende Verbrennungskapazitäten können vom Betreiber genutzt werden
• der Verbrennungspreis, der an den Betreiber zu entrichten ist, ist nach den geltenden EU-Richtlinien festzulegen
• die Vertragslaufzeit muss auf höchstens 5 Jahre begrenzt werden.
Unsere in den zurückliegenden Monaten gemachten Erfahrungen mit dem Betreiber, den Behörden und deren verantwortlichen Amtspersonen zeigen uns deutlich, dass die Politik des Gehörtwerdens nur eine leere Worthülse ist.
Wie sonst ist es zu erklären, dass der Betreiber gemeinsam mit dem Regierungspräsidium (RP) die Überschreitung der zu Zeit genehmigen Verbrennungsmenge mit 4 – 10 % Verdunstungsverlusten im Müllbunker zu kaschieren versucht. Das nachweislich ungesetzliche Vorgehen – gegen die Vorgaben der 17.BImSchV – wird vom RP nicht zurückgenommen, weil es davon ausgeht, dass den Bürgern eine gerichtliche Durchsetzung ihrer Rechte (VerwG) zu teuer sein wird (ca. 30-50.000 €).
Wie sonst ist es zu erklären, dass das RP den Informationsanspruch der BI Müllkonzept- Göppingen über Monate zu behindern versucht, in dem es ein Gutachten mit Messprotokollen aus den Genehmigungsunterlagen von 1995 für unauffindbar bzw. nicht existent erklärt. Dann aber, als die BI von anderer Seite die gesuchten Unterlagen erhält, plötzlich die Existenz der Protokolle bzgl. der Bodenbelastungen an Dioxinen, Furanen etc. bestätigt.
Wie sonst ist es zu erklären, dass die Landkreisverwaltung offensichtlich bis heute, die im Rahmen des Informationsprozesses von Bürgern gestellten 130 Fragen einer Diskussion im Kreistag nicht für Wert hält?
Diese und weitere Beispiele haben bei der BI zu der Einsicht geführt, nicht mit einer fairen und zu Kompromissen führenden Auseinandersetzung rechnen zu können. Unter diesen Umständen mit Behinderung und Obstruktion haben wir keinerlei Gewähr, dass in den laut Landrat Wolff angeblich ergebnisoffenen Arbeitskreisen erarbeitete Vorschläge oder Erkenntnisse in die Entscheidung des Kreistages einfließen können.
Die BI hat sich daher einmütig dazu entschieden, sich nicht in die geplanten Arbeitskreise einzubringen.
Wir bitten, aufgrund obiger Argumente, um Verständnis für unsere Entscheidung.
Jörn-Gerhard Rasch für die BI Müllkonzept Göppingen