
Eine Entscheidung der Vernunft
Die Stuttgarter Zeitung kommentiert: Auch wenn die Kapazitätsausweitung im Göppinger Müllofen fürs Erste
nicht kommt, wird der Druck im öffentlichen Kessel nicht weichen. Von Andreas Pflüger.
Manchmal geht Politik ganz einfach: Die seit Monaten andauernden Diskussionen über die geplante Erhöhung der Abfallmengen, die im Göppinger Müllheizkraftwerk verbrannt werden sollen, haben ein jähes Ende gefunden. Erhöhte Dioxinwerte, die bei einigen Bodenproben gemessen worden sind, ließen dem Landkreis in der ohnehin schon aufgeheizten Atmosphäre gar keine andere Möglichkeit, als erst einmal auf die Bremse zu treten.
Dennoch ist es eine Entscheidung der Vernunft, den laufenden Prozess auszusetzen und zu untersuchen, woher die Schadstoffe wirklich stammen. Dass momentan vieles danach aussieht, als sei nicht die Großverbrennungsanlage der entscheidende Faktor für das Gift im Boden, reicht längst nicht aus, um das Verfahren einfach weiterlaufen zu lassen. Gut, dass alle Verantwortlichen – auch die des Betreibers EEW – das einsehen und auf der Basis des Gutachtens zunächst Ursachenforschung betreiben wollen.
Und was die jäh beendete Debatte angeht, so wird diese rasch wieder aufflammen. Denn was bei den Messungen festgestellt wurde, ist das, was bereits an Schadstoffen da ist, und nicht das, was bei einer Ausweitung der Kapazität kommen könnte. Über Jahre hinweg war der Göppinger Müllofen aus der öffentlichen Wahrnehmung so gut wie verschwunden. Jetzt ist wieder Druck im öffentlichen Kessel, und er wird, wenn nicht alles täuscht, nur langsam weichen. Deshalb ist Politik doch nicht ganz so einfach. Denn der Kreis und die EEW, diese Einsicht scheint mittlerweile vorhanden, kommen in Zukunft gar nicht umhin, die Bevölkerung von Anfang an mitzunehmen.