
Dioxinwerte: Debatte um mehr Müllverbrennung ausgesetzt
Landrat Edgar Wolff will die Herkunft der „leicht erhöhten Dioxin-Werte“ im Umkreis des Göppinger Müllofens klären lassen.
Überrascht zeigte sich am Freitag Landrat Edgar Wolff von ersten Ergebnissen der Bodenuntersuchungen zu Dioxinen und Furanen, die der Betreiber des Müllheizkraftwerks EEW in Auftrag gegeben hat. Bei vier von 16 Proben seien sie gegenüber der Messung vor 25 Jahren leicht erhöht. Wolff: „Für die Bevölkerung besteht jedoch keine Gefahr.“
Gleichwohl wolle er den hochsensiblen Diskussionsprozess um die Erhöhung der Verbrennungsmengen im Müllheizkraftwerk stoppen, bis die Herkunft und die Auswirkung der Dioxinbelastung geklärt sei. Die für Dienstag geplante Bürgerinformation ist hinfällig. Gegebenenfalls werde er das Thema wieder aufnehmen, so Wolff. Die Befunde, die noch kein Gutachten darstellten, ließen keine Rückschlüsse auf das Müllheizkraftwerk erkennen. Vielmehr gebe es Anzeichen, dass die Dioxinwerte nicht aus neuerer Zeit stammten, sondern vor Jahren, vielleicht Jahrzehnten eingetragen worden seien. Aber wichtig sei jetzt eine saubere Prüfung. „Der Gesundheitsschutz, die Klärung geht vor.“
Erhöht haben sich die Werte in zwei Waldstandorten, und zwar im mineralischen Boden, erläuterte Gutachter Walter Maier vom Tüv. Dort reicherten sich Schadstoffe an. In einem Waldstück bei Manzen fanden sich 21 Nanogramm. In der „Streuschicht“ von verrottenden Nadeln und Blätter blieb es dagegen bei 5,2 bis 2,3 Nanogramm. Das zeige: „Der aktuelle Eintrag über die Luft ist vergleichsweise gering“. Nach oben ging die Dioxinbelastung an zwei Ackerstellen. Im einen Fall, beim Gewerbepark Voralb lag sie mit 15 Nanogramm dreifach über der „Richtwertempfehlung“. Das könne aber von Klärschlamm kommen, der dort laut Kataster ausgebracht wurde, erläuterte Ralf Ewald vom Umweltschutzamt. Nordöstlich des Müllheizkrafterks hat man 10,9 Nanogramm gefunden – vorläufig ohne Erklärung. Gesunken ist die Belastung auf Wiesen bei Holzheim, allerdings nur auf 5,8 und 5,1 Nanogramm. Mit die besten Werte fand Maier an neuen Probenpunkten zwischen den Ortsrändern von Göppingen und Eislingen – in der Hauptwindrichtung vom Müllheizkraftwerk.
Der Betreiber des Müllheizkraftwerks sieht sich bestätigt, „dass wir als Emittent nicht in Frage kommen“, so der Technische Geschäftsführer Morten Holpert. Dioxine seien für sein Unternehmen eigentlich kein Thema, weder in Göppingen noch anderswo. Man sei unterhalb der Nachweisgrenze. Seine Marschroute: „Wir wollen ganz sachlich den Dialog weiterführen.“ Wenn das Gutachten vorliege, werde man es online stellen. Der Stopp der Debatte sei ein „Zwischenschritt, den wir machen müssen“.
Kreis-Umweltschutzamtsleiter Jochen Weinbrecht zeigte sich nur „ein klein wenig überrascht“ von den Befunden. Fünf bis sechs Nanogramm seien im städtischen Raum zu erwarten. Das könne auch mal zweistellig werden. Nachgehen müsse man den anderen Werten. Alles mögliche komme in Betracht, weil bei allen Verbrennungsprozessen mit Chlor und organischem Kohlenstoff Dioxine entstünden. „Asche in Hausgärten – da ist viel Dioxin drin“. Die Klärung werde allerdings nicht einfach, sagt Landrat-Stellvertreter Jochen Heinz: Das beginne schon bei der Frage, „wen kann man als Experten hinzuziehen“.
Göppingens OB Guido Till, der auch Kreisrat ist, sieht sich bestätigt „in unseren Sorgen und in unserem Vorgehen, einem schnellen Verfahren zur Kapazitätsausweitung nicht zuzustimmen“.