
Debatte über die Schadstoffe ist entbrannt
Die Stuttgarter Zeitung berichtet:
Müllverbrennung: Während der Kreis auf den Bürgerinformationsprozess setzt, hat die Stadt Göppingen einen dicken Fragenkatalog zur
Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Anlage vorgelegt – ein Kritiker fordert Messungen von Böden und Gewässern. Von Corinna Meinke
Seit dieser Woche können sich die Kreisbewohner über die geplante Erhöhung der Verbrennungskapazität des Göppinger Müllofens informieren. Die Unterlagen finden sich auf der Internetseite des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) und können außerdem während der Öffnungszeiten des AWB eingesehen werden.
Nachdem es massive Kritik am Zeitplan der Kreisverwaltung und an den dürren Informationen besonders zum Schadstoffausstoß des Müllofens gegeben hatte, hat der Kreistag nun einen Bürgerinformationsprozess eingeleitet, in dem die Bürger aufgerufen sind, auch Fragen zum Müllofen an den AWB zu formulieren.
Auf diese Fragen wollen der AWB und der Müllofen-Betreiber am 12. September bei einer öffentlichen Veranstaltung antworten. Ort und Zeitpunkt muss der Kreis noch bekannt geben. Um eine sachliche Debatte aller angesprochenen Themen zu erreichen, hat die Kreisverwaltung ein neutrales Kommunikationsbüro mit der Moderation beauftragt. Einen ganzen Fragenkatalog hat der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till bereits an den Landrat Edgar Wolff geschickt.
Die Debatte über die Zukunft der Müllverbrennung im Kreis Göppingen war vom Betreiber der Anlage, Energy from Waste (EEW), ausgelöst worden, der beim Kreis eine Durchsatzerhöhung des Müllheizkraftwerks von derzeit 157 000 auf künftig 180 000 Tonnen Müll beantragt hat. Auf Antrag der Kreistagsfraktion der Grünen hatte der Kreistag den zunächst für 14. Juli anberaumten Beschluss vertagt. Auch bei der Sondersitzung am 26. Juli wurde nichts entschieden, da die Informationslage besonders zu den Schadstoffemissionen trotz einer Stellungnahme des Betreibers als zu dürftig bewertet wurde. Stattdessen wurde der Bürgerinformationsprozess auf den Weg gebracht.
Die Sorgen der Kreisbewohner drehen sich vor allem um die gesundheitlichen Folgen durch die Emissionen der Anlage sowie um die Anreicherung von Schadstoffen in Böden und Lebensmitteln. So hat der Göppinger Umweltmediziner Michael Jaumann gemeinsam mit Mitstreitern eine Homepage (www.muell-konzept-goeppingen.de) eingerichtet, auf der er den Schadstoffeintrag kritisch bewertet. Jaumann
behauptet, die Belastungen mit hoch giftigen, langlebigen Dioxinen und Furanen seien in der Umgebung der Anlage durch Anreicherung in den letzten zwanzig Jahren gestiegen, auch wenn die Grenzwerte eingehalten wurden. Außerdem hätten bereits vor 20 Jahren Messungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Planfeststellung und Genehmigung der Müllverbrennungsanlage für einige Stoffe teils deutliche Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte ergeben. Zu diesen bekannten Belastungen seien jedes Jahr neue Schadstoffe aus dem Kamin des Müllofens hinzugekommen, insbesondere eben die hoch giftigen Dioxine und Furane.
Wegen der Gefährlichkeit dieser Emissionen und der zu befürchtenden langfristigen Schadwirkungen wären gemäß dem Bundes-Imissions-Schutz-Gesetz wiederkehrende Messungen in Göppingen alle drei Jahre nötig und möglich gewesen.
Diese seien aber nicht erfolgt, behauptet Jaumann. Der Mediziner fordert nun Messungen der Belastungen von Böden und Gewässern im Umfeld des Müllofens. Ergänzend seien auch Untersuchungen von tierischem Fettgewebe wie beispielsweise von Lämmern sinnvoll und wichtig. Der Kreis hat inzwischen angekündigt, zu Fragen-möglicher Gesundheitsauswirkungen das Kreisgesundheitsamt mit entsprechenden
Fachmedizinern einzubinden. Außerdem habe der Anlagenbetreiber ein aktuelles Bodengutachten und Messungen zum Feinstaubausstoß der Anlage in Auftrag gegeben.